Dienstag, 23. Juni 2009
Demokratie im Iran?
Vorhin fragte ich einen meiner Professoren nach den Voraussetzungen für eine demokratische Regierungsform.

Politikwissenschaftler und andere können mich gerne korrigieren.

Eine genaue Definition der Demokratie wird man nicht finden können. Das liegt wohl an den vielen verschiedenen Modellen der Demokratie. Wesentliche Voraussetzung ist aber wohl, die Verteilung der staatlichen Macht auf verschiedene Personen, in der heutigen Form also auf ein Parlament. In Deutschland geschieht das durch die Gewaltenteilung. Hinzu kommt, dass diese Herrschaft auf Zeit beschränkt ist.

Nun wird bei der Diskussion um den Iran immer wieder von einer Abschaffung der Demokratie entweder durch die Oppositionellen oder durch die Regierung gesprochen - je nachdem wer den Vorwurf stellt.

Sieht man sich das politische System des Irans an, so mutet diese Frage etwas seltsam an:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/52/Regierungssystem_Iran.svg

Politisches Zentrum der Iranischen Macht ist der Revolutionsführer (Oberster Rechtsgelehrter). Er wird durch den Expertenrat gewählt. Der Expertenrat wird durch das Volk gewählt, allerdings nur unter den Kandidaten, die der sogenannte Wächterrat zulässt. Der Wächterrat besteht aus sechs Geistlichen, die direkt vom Revolutionsführer gewählt werden und sechs weltlichen Juristen, die vom Parlament gewählt werden. Das Parlament kann hierbei aber nur aus denen wählen, die der oberste Richter zulässt. Der oberste Richter wiederum wird durch den Revolutionsführer ernannt.
Das Gesetzgebungsverfahren muss zwei Hürden passieren: zunächst den Wächterrat, dann den obersten Rechtsgelehrten. Der Revolutionsführer wird auf Lebenszeit gewählt. Absetzen kann ihn nur der Wächterrat.

Mit anderen Worten, sämtliche politische Macht läuft beim Revolutionsführer zusammen, sein Kontrollgremium wählt er selbst und dieses wählt die Leute, die ihn wählen. Sie ist nicht geteilt, das Parlament hat quasi legislative Macht, kann aber damit nichts anfangen, wie sich in den Jahren von 1997 - 2005 bewies. Außerdem ist diese Herrschaft auf Lebenszeit festgesetzt, somit nicht effektiv zeitlich begrenzt.

Der Iran besitzt keine demokratische Staatsform, er ist allenfalls eine Diktatur mit demokratischen Zügen.

Iraner, wenn ihr gegen den Mangel an Demokratie kämpft, muss euer Gegner nicht Mahmūd Ahmadī-Nežād, sondern das System, in dem er arbeitet. Und das schließt seinen politischen Gönner Seyyed Alī Chāmene'ī und dessen Wächterrat ein.

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